Projekt "Starke Frauen"
Im Rahmen eines dreimonatigen Stipendiums aus dem Programm „Kultur ans Netz“der Investitionsbank Sachsen-Anhalt habe ich einen Bilderzyklus zum Thema „Starke Frauen“ geschaffen. Dabei sind neun großformatige Frauenfiguren entstanden, die in einer Mischtechnik aus Relief, Zeichnung, Malerei und Collage gefertigt wurden. Und genau wie die angewandteTechnik sind auch die abgebildeten Frauen Mischwesen. Sie vereinen Merkmale aus Phantasie und Realität. Sie geben keine konkreten Persönlichkeiten aus der realen Welt wider, sondern sollen vielmehr dem Betrachter eine Vorstellung von dem vermitteln, was wir unter einer starken Frau verstehen. Doch wie lassen sich Eigenschaften wie Mut, Liebe und Kampfgeist darstellen, ohne das es banal und einfallslos wirkt? Ich wollte eine Bildersprache finden, die allgemein verständlich ist, aber auch Raum für Interpretation und Humor läßt.Im Lauf der Geschichte gab es viele Frauen, die durch ihre Ideen, ihr Talent, ihre Durchsetzungskraft und ihre außergewöhnliche Art etwas bewegt haben und inspirierende Vorbilder für nachfolgende Generationen abgaben. Trotzdem müssen Frauen heute immer noch für ihre Rechte kämpfen, denn was eigentlich selbstverständlich erscheint, die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, ist leider immer noch nicht in allen Bereichen erreicht…
Bei meiner Suche nach Inspiration blätterte ich zunächst in meinem Archiv aus verschiedensten Zeitschriften. Hier fand ich erste Anregungen zu Körper- und Kopfhaltung, Stellung der Arme und Beine, denn all das kann schon etwas über den Gemütszustand und den Charakter einer Person aussagen. Auch Abbildungen bestimmter Muster, Strukturen, Accessoires oder Schmuck können mir bei meiner Ideenfindung helfen.
Dann begann ich mit dem Rahmenbau, spannte die Leinwände über die Keihlrahmen und versah sie mit einem Putz aus Strukturpaste und Lehm. Dieser Untergrund macht die Oberfläche rauer und lebendiger. Auf einer anschließenden Grundierung aus weißer Schlemmkreide zeichnete ich die Figuren. Zunächst nur skizzenhaft angelegt, wurde ich mir immer klarer über die Anatomie und die Posen der einzelnen Gestalten. Nach und nach entwickelte sich daraus auch ein inhaltlicher Plan. Die Frauenkörper gewannen an Ausstrahlung und um sie mit einer passenden Geschichte zu versehen, suchte ich nach Vorbildern in der griechischen Mythologie. Denn diese birgt einen unendlichen Schatz an interessanten Überlieferungen und bietet schon seit Jahrhunderten immer wieder Stoff für künstlerische Auseinandersetzungen. Griechische Sagen handeln allerdings hauptsächlich von Männern, die in die Welt oder in den Krieg ziehen,um gegen Monster zu kämpfen und Heldentaten zu vollbringen. Frauen spielen dagegen eine eher untergeordnete Rolle. Sie sind entweder Göttinnen, treue Ehefrauen, Musen oder mordende Ungeheuer und manchmal auch alles zusammen. Frauenfiguren wie Medea, Medusa oder Penthesilea werden zu abschreckenden Beispielen gemacht und scheinen mit ihrem unheimlichen Erscheinungsbild eine Gefahr für die patriarchaische Gesellschaft darzustellen. Dabei sind es eigensinnige, kluge Frauen, die ihr Leben nach ihren Maßstäben und Regeln leben möchten: frei und unabhängig und deshalb den Zorn der Götter auf sich ziehen….wie eine Kassandra, in die sich der Gott Apollo verliebt und ihr als Zeichen seiner Gunst die Gabe, in die Zukunft zu sehen, verleiht. Kassandra wehrt sich gegen die Avancen des Gottes und wird von ihm verflucht. Ihre Gabe behält sie, doch niemand glaubt mehr ihren Prophezeiungen.
Die Beschäftigung mit den mythologischen Frauengestalten gab mir spannende Impulse und so versuchte ich, entsprechende Analogien bei der Arbeit an meinen Figuren zu finden und einzubauen. Mit der Zeit entwickelten sich neun weibliche Gestalten, die zum Teil einen Bezug zu ihren antiken Vorbildern herstellen, aber auch genauso aus der heutigen Zeit stammen könnten.